Deutsche Einheit im Kleinen

PNN vom 05.07.2010
Die Partnerschaft zwischen Glindow und Rahden lebt. Zum Kirsch- und Ziegelfest gab es wieder Besuch

Werder (Havel) - Im Kleinen haben sie die Deutsche Einheit längst vollendet: Werders Ortsteil Glindow und die nordrhein-westfälische Stadt Rahden pflegen ihre enge Bindung seit der Wende. Neben wirtschaftlichen und kulturellen Kontakten gibt es in regelmäßigen Abständen Besuche. Am Wochenende war es wieder soweit: 43 Vertreter aus der Partnerkommune waren in die Mark gereist, um mit den Glindowern das 14. Kirsch- und Ziegelfest zu feiern – und das 20-jährige Jubiläum ihrer Städtefreundschaft zu würdigen.

Rahdens Bürgermeister Bernd Hachmann überreichte ein Gemälde vom Glindower Platz, der im Herzen seiner Stadt liegt und den eine Nachbildung des hiesigen historischen Ringofens ziert. Am 3. Oktober 1990 hatten die Spitzen der beiden Kommunen die Freundschaftsurkunde unterzeichnet. Seit dem hatte es immer wieder Anlässe für Begegnungen gegeben, berichtete Hachmann. Der Glindower Platz wurde 1997 eingeweiht, der Rahdener Platz als Pendant bereits zwei Jahre zuvor in Glindow. Die Landwirte Buschmann und Winkelmann waren bereits kurz nach der Wende aus Rahden in die Mark gekommen und betreiben mit dem Spargelhof Klaistow heute eines der größten Familienunternehmen in der Region. Und erst vor kurzem war eine Gruppe von neun Jugendlichen aus Glindow drüben, um Altersgenossen kennen zu lernen und die Tradition fortzuführen. Das Jubiläum sorgte für gute Laune auf dem Kirsch- und Ziegelfest in der Porta Helena – die Kirschernte in dieser Saison bot dafür weniger Anlass. Nur die Hälfte des Ertrages vom vergangenen Jahr werde man einbringen können, sagte Glindows Ortsvorsteher Sigmar Wilhelm, der selbst Jahrzehnte lang als Gartenbauer gearbeitet hat. Zwei Mal hatte es im Mai Spätfrost gegeben, worunter die Blüten arg gelitten hätten, erläuterte er. Erschwerend hinzu kam das feuchte und kühle Wetter bis Ende Mai, das die Bienen vom Bestäuben der Kirschblüten abgehalten habe. Und nun das nächste Extrem: "Die anhaltende Trockenheit macht den Kirschen auch zu schaffen", so Obstbauer Jürgen Deutscher, der trotzdem besonders saftige Exemplare an einem Stand verkaufte. Auf insgesamt 200 Hektar im Werderaner Anbaugebiet werden Kirschen geerntet, schätzte Deutscher, Tendenz sinkend. Der Plötziner Obstbauer hat noch auf drei Hektar Kirschbäume zu stehen, baut darüber hinaus Erdbeeren, Äpfel und Pflaumen an und bietet sie auf Wochenmärkten in den Städten oder zur Selbstpflücke an. Der andere Aspekt des Kirsch- und Ziegelfestes ist indes wieder stärker im Kommen: Am Sonntag spielte sich das Partygeschehen größtenteils in der historischen Ziegelei am Rande der Glindower Alpen ab. Die Neue Ziegelmanufaktur Glindow, die hier die Tradition hoch hält erhält und wieder handgestrichene Ziegel und Terrakotten herstellt, präsentierte ein Showprogramm sowie Ausstellungen und öffnete die Werkstätten. Der Förderverein gab Führungen durch das Ziegleimuseum und den historischen Ringofen, der Verein Gebrannte Erde lud zum Arbeiten mit Ton ein. Schließlich konnten die Gäste auch eine Runde mit der Ziegelbahn drehen. Bereits am Samstag krönten die Glindower ihre neue Kirschkönigin: Rebecca Schmahlfeldt übernahm Krone und Kirsch-Collier von ihrer Vorgängerin Lisa Konrad. "Ich freue mich auf eine spannende Amtszeit", sagte sie. Die Aufmerksamkeit der Gläste musste Königin Rebecca aber kurz darauf an König Fußball abgeben: Die Glindower verfolgten das Spiel Deutschland gegen Argentinien in der Porta Helena. Die Prognose von Ortsvorsteher Wilhelm, dass das Spiel mit 3:1 für unsere Nationalelf ausgeht, wurde mit dem Ergebnis von 4:0 sogar noch übertroffen. Für die Kirschernte, die noch drei Wochen in der Region läuft, lässt das jedenfalls hoffen.
Thomas Lähns