Hätte man sich doch hinsichtlich des Brauchwassers so schnell entscheiden können wie mit der Blütentherme. Dann wäre dieses Thema wohl seit Jahren längst Geschichte und man könnte dem 80-jährigem Bestehen des in dieser Größenordnung in Europa einmaligen Brauchwasserwerkes im Dezember 2016 gelassen entgegensehen.
Am 17.Dezember 1936, nach dreijährigem Kampf, nach unendlichen Verhandlungen mit den damals zuständigen Stellen, begann der Bau des Glindower Wasserwerkes. Ein Privatingenieur und ein eingesetzter Ausschuss hatten den Entwurf des Wasserwerkes erarbeitet und vorab über die verschiedenen Möglichkeiten der Bewässerung befunden. Auch die Möglichkeit des Anschlusses an das damals existierende Werdersche Wasserwerk war geprüft worden, wurde aber auf Grund des dann notwendigen teuren Ausbaus wieder verworfen. Sogar einen Tiefbrunnen zog man Erwägung, bis man sich einig wurde, das Glindower Seewasser zu nutzen. Die Anbindung des Sees an die Havel sprach für Versorgungssicherheit auch im heißesten Sommer und die Temperaturen des Wassers sind günstig für die Pflanzungen, sowie im Seewasser enthaltene natürliche Stoffe sorgen für die Düngung der Obstpflanzen. Der Bau des Brauchwasserwerkes wurde zu einer Erfolgsgeschichte und unsere Region eines der größten Obst- und Gemüseanbaugebiete. Mehr als 8000 Morgen (2000 Hektar) wurden anfangs bewässert und zu DDR-Zeiten wurde das Rohrleitungssystem sogar zur Bewässerung von 3500 Hektar ausgebaut. Leider wurde außer Acht gelassen, dass so ein Werk einmal erneuert und Rohre ausgetauscht werden müssen. Man arbeitete auf Verschleiss und so kam es wie es kommen muss - in den 90ziger Jahren war da eine Brauchwasserwerk, welches dringend einer Sanierung bedarf. Seitdem wurde gerungen, mit Verantwortlichkeiten und Eigentumsverhältnissen. Es kam zur Gründung eines Brauchwasserverein Glindow e.V. und später 2008 wird das Brauchwasserwerk in die Hände des WAZV gegeben.
Bei allen Entscheidungen, die in den letzten zwanzig Jahren zum Brauchwasserwerk gefallen sind und dies wurde nochmals auf der Sitzung des Finanzausschusses am 09.August 2012 bekräftigt: Es gibt keine Alternative. Eine vorgelegte Studie allerdings zeigt, dass 80% der geförderten Wassermenge irgendwie unbezahlt im Nirwana verschwinden. Der eine Teil versickert ungenutzt in der Erde, ein weiterer Teil sprudelt bei Haverien aus den maroden Leitungen und der Rest wird wohl schwarz verbraucht. Alles in allem, das Brauchwasserwerk mit seinen Rohrleitungssystem arbeitet mehr als unwirtschaftlich. Man mag nicht nachrechnen, kann es wahrscheinlich auch gar nicht nachvollziehen, wieviele Fördergelder aus verschiedenen Quellen und Zuschüsse aus dem Haushalt der Stadt bereits in das Werk geflossen sind. Eines ist sicher, die Gesamtsumme liegt über den derzeit kalkulierten Kosten der dringend notwendigen Sanierung. Ach hätte man gleich von Anfang an mit einem ordentlichen Konzept an der grundlegenden Sanierung gearbeitet, dann...
Aber im Herbst 2012, so versprach die Verwaltung auf der Sitzung, sollte den Stadtverordneten endlich ein Konzept vorliegen, wie das Brauchwasserwerk zu retten ist und was es kostet. Nur recherchiert man die Entwicklung des Brauchwasserwerkes in den letzten zwanzig Jahren, dann dürften alle versprochenen Konzepte schhon viele Akten füllen.
Wir schreiben Februar 2013, eine neue Obstsaison steht vor der Tür - ein Konzept für das Brauchwasserwerk gibt es noch immer nicht. Erneut vertagt auf den Herbst 2013. Derweil werden unrentable Leitungen gekappt und werden Leitungen abgestellt , weil Grunddienstbarkeiten nicht eingetragen sind. Das mag in wirtschaftlicher Hinsicht sehr vernünftig sein, aber die Sanierungskosten insgesamt werden sich dadurch nicht verringern und die Anzahl der potentenziellen Kunden wird kleiner. Wenn man die Leitung Richtung Petzow abschaltet, wie wird dann der geplante Golfpaltz bewässert, oder ist der schon wieder vom Tisch? So wird auch in diesem Jahr wieder jede Menge Seewasser irgendowo sprudeln, zahlen werden dafür die Obstbauern,Privatkunden und die Stadt mit dem Geld, was dringend für die Sanierung benötigt wird.
Ob das Brauchwasserwerk, dessen Prototyp 1934 auf der Weltausstellung in Brüssel mit Bronze geehrt wurde, auch in Zukunft über seinen 80.Geburtstag hinaus für eine blühende Kulturlandschaft "Havelobst" sorgt, ist ungewiß. Nun wenn die Abrissbirne nicht zu schnell kommt, bleibt ja noch die Chance auf den Erhalt eines technischen Denkmales. Noch ist nichts verloren, dringend von Nöten, ein vernünftiges Konzept für das Brauchwasserwerk und dessen Sanierung, inklusive des Rohrleitungssystems. Würde die Verwaltung das Tempo, wie bei den Entscheidungen zum Thermenbau anstreben, dann könnte die Erfolsstory Brauchwasserwerk weitergehen.
Fred Witschel